Passiv investieren – Die Grundlagen einfach erklärt

Dies ist der erste Teil der Artikelserie zum passiven Investieren. Diese Form der Geldanlage ist wissenschaftlich fundiert, einfach und für die meisten Menschen ideal zum Vermögensaufbau geeignet.

Im Rahmen dieser Artikelserie sind die folgenden Artikel erschienen:

Warum überhaupt investieren?

Investieren bedeutet im finanziellen Kontext, den gezielten und risikobehafteten Einsatz von Geld zur Erzielung eines Gewinns. Dabei gilt immer der Grundsatz, dass mit zunehmenden Risiko der potenzielle Gewinn steigt.

Wer keine Risiken eingehen möchte, kann das angelegte Geld höchstens konservieren. Eine positive Realrendite (Rendite abzüglich Inflation) ist dann nicht möglich. Risikolose drei Prozent auf dem Sparbuch bedeuten vereinfacht gesagt auch nahezu drei Prozent Inflation, so dass die reale Rendite annähernd Null beträgt. Das Investieren trägt also dazu bei, dass du dein vorhandenes Geld, trotz Inflation und ohne weitere Sparmaßnahmen, vermehren kannst.

Gründe für das Investieren lassen sich viele finden und sind individuell verschieden. Ein gewichtiger Grund, der uns (fast) alle betrifft, ist ein Ruhestand ohne finanzielle Sorgen. Schon jetzt ist klar, dass die gesetzliche Rente sehr wahrscheinlich nicht reichen wird.

Du solltest dir daher zwei Fragen stellen: Wie viel Geld brauche ich im Alter und was bekomme ich von der gesetzlichen Rentenversicherung?

Die Differenz ist deine Rentenlücke, welche du über eine private Vorsorge ausgleichen musst. Staatlich geförderte Produkte, wie z. B. Riester, sind teuer und haben aufgrund ihrer Risikolosigkeit eine schlechte Rendite.

Sinnvoller ist es, zur Altersvorsorge in Aktien zu investieren. Am einfachsten geht das mit einer passiven Anlagestrategie. Damit erzielst du eine langfristig hohe Rendite von bis zu zehn Prozent im Jahr. Und das Ganze mit minimalem Zeitaufwand bei sehr geringen Kosten.

Die wichtigsten Anlageklassen im Überblick

Einen entscheidenden Einfluss auf die erzielbare Rendite hat die Anlageklasse (auch Asset-Klasse genannt), in die investiert wird. Alle Vermögenswerte innerhalb einer Anlageklasse verfügen über ähnliche Rendite- und Risikoeigenschaften.

Gruppe von Vermögenswerten, die gemeinsame Merkmale aufweisen und denselben Gesetzen und Vorschriften unterliegen.

Durch die Aufteilung des Vermögens auf mehrere Anlageklassen und Vermögenswerte innerhalb einer Anlageklasse, lässt sich das Verlustrisiko reduzieren.

Dazu ein einfaches Beispiel: Ein Anleger investiert sein gesamtes Kapital in die Aktien eines einzigen Unternehmens. Die Investition ist somit zu 100 Prozent abhängig von der Entwicklung dieses Unternehmens. Bei einer Pleite des Unternehmens werden die Aktien wertlos und das investierte Geld ist weg. Schon eine gleichmäßige Aufteilung des Kapitals auf nur zwei Unternehmen würde den Verlust um die Hälfte reduzieren.

Durch die Aufteilung des Kapitals auf eine Vielzahl unterschiedlicher Unternehmen, und im besten Fall zusätzlich noch auf mehrere Anlageklassen, würde die Pleite eines einzelnen Unternehmens nicht mehr stark ins Gewicht fallen.

Aufteilung des investierten Kapitals auf mehrere Anlageklassen und Vermögenswerte, mit dem Ziel der Risikominderung. Innerhalb einer Anlageklasse kann eine weitere Aufteilung auf verschiedene Branchen und Länder erfolgen.

Für einen passiven Anleger kommen grundsätzlich die Anlageklassen Aktien, Immobilien, Rohstoffe, Anleihen oder Bankguthaben in Frage.

Den Schwerpunkt für ein passives Portfolio bildet die Anlageklasse Aktien, da hier langfristig die höchsten Renditen erzielt werden können. Hier muss grundsätzlich zwischen Aktien aus entwickelten Industrieländern und Aktien aus Schwellenländern (stehen an der Schwelle, ein Industrieland zu werden) unterschieden werden. Weitere Unterteilungen können in Aktien von großen Unternehmen (Large Cap), mittleren Unternehmen (Mid Cap) und kleinen Unternehmen (Small Cap) erfolgen. Zudem können Aktien in Value und Growth eingeteilt werden.

Zu der Anlageklasse Immobilien gehören Wohnimmobilien, wie das klassische Einfamilienhaus, ein Mehrfamilienhaus oder auch nur eine einzelne Wohnung. Aber auch Gewerbeimmobilien wie Büros, Ladengeschäfte oder Lagerhallen gehören dazu.

Rohstoffe können ein Anlageportfolio ergänzen, da deren Wertentwicklung nicht von der Wertentwicklung des Aktienmarktes abhängig ist. Bei starken Kursverlusten am Aktienmarkt ist es möglich, dass die Preise für Rohstoffe davon unbeeindruckt bleiben oder sogar steigen. Nicht zuletzt aus Gründen der Lagerhaltung scheidet ein direktes Investment in Rohstoffe allerdings aus. Sinnvoller ist hier die Investition in die Preisentwicklung von Rohstoffen über sogenannte Rohstoff-Futures.

Ein Future ist ein Terminkontrakt zwischen einem Käufer und einem Verkäufer. Dabei verpflichtet sich der Verkäufer ein bestimmtes Gut zu einem vorher festgelegten Preis und Zeitpunkt an den Käufer zu liefern. Umgekehrt ist der Käufer verpflichtet, das Gut zu diesem Zeitpunkt und zu diesem Preis abzunehmen.

Anleihen haben die Aufgabe, das Risiko in einem passiven Anlageportfolio zu reduzieren. Für diesen Zweck kommen daher nur Staatsanleihen von Staaten mit einer hohen Kreditwürdigkeit in Frage. Unternehmensanleihen oder Anleihen von Staaten mit einer niedrigeren Kreditwürdigkeit weisen zwar höhere Renditen auf, sind aber dementsprechend riskanter und werden daher nicht weiter in Betracht gezogen.

Bankguthaben wie Tages- oder Festgeld ist die Anlageklasse mit der geringsten Rendite, aber auch innerhalb der gesetzlichen Einlagensicherung die mit dem geringsten Risiko. Geht eine Bank pleite, sind Guthaben bis 100.000 Euro pro Kunde und Bank geschützt. Tages- oder Festgeld eignet sich daher sehr gut als Alternative oder Ergänzung zu Anleihen.

Wie geht passiv investieren?

Beim passiven Investieren handelt es sich um eine sehr einfache und langfristig ausgerichtete Anlagestrategie nach dem Buy and Hold-Prinzip. Als Grundlage dient ein breit diversifiziertes Anlageportfolio (Weltportfolio), das aus kostengünstigen passiven börsengehandelten Investmentfonds (ETFs) zusammengestellt wird.

Der Begriff Weltportfolio wird auch deshalb verwendet, weil beim passiven Investieren über ETFs in nahezu alle börsennotierten Unternehmen der Welt investiert wird. Da niemand vorab Wissen kann, welche Unternehmen, Branchen und Regionen in Zukunft die höchsten Renditen erwirtschaften, ist man so jederzeit in alle Gewinneraktien investiert.

Weil ETFs aber immer nur einen Index nachbilden, wird beim passiven Investieren bewusst darauf verzichtet, durch eine aktive Auswahl von Einzelwerten den Markt schlagen zu wollen. Es wird immer nur die Rendite des Gesamtmarktes erzielt. Nicht mehr, und jetzt kommt der ganz große Vorteil dieser Anlagestrategie, auch nicht weniger.

Die Grundlage für das passive Investieren geht auf den französischen Mathematiker Louis Bachelier zurück. Bereits im Jahr 1900 untersuchte er die Bewegungen von Aktien. Dabei kam er zu dem Schluss, dass die Aktienkurse rein zufällig entstehen und dem willkürlichen Schlingerkurs eines Betrunkenen ähneln. Es lässt sich demnach nicht vorhersagen, ob die Aktienkurse in nächster Zeit steigen, fallen oder seitwärts laufen.

Aufbauend auf den Erkenntnissen von Bachelier, entwickelte Harry M. Markowitz im Jahr 1952 die moderne Portfoliotheorie. Dabei geht es darum, ein optimales Verhältnis zwischen Rendite und Risiko zu finden und ein möglichst effizientes Portfolio zu schaffen. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Verteilung eines Investments auf verschiedenen Anlageklassen (z. B. Aktien und Anleihen), wodurch das Risiko reduziert werden soll. Man geht davon aus, dass die einzelnen Anlageklassen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gut oder schlecht performen. Verluste innerhalb einer Anlageklasse zu einem bestimmten Zeitpunkt sollen so durch die Gewinne anderer Anlageklassen ausgeglichen werden.

William F. Sharpe erweiterte in den 1960er Jahren die moderne Portfoliotheorie um das Capital Asset Pricing Model (CAPM). Das CAPM besagt unter anderem, dass mit zunehmender Anzahl von Einzelpositionen in einem Aktienportfolio, das vom Markt unabhängige Risiko immer weiter verringert werden kann, bis nur noch das allgemeine Marktrisiko verbleibt. Das allgemeine Marktrisiko ist in diesem Fall ein negatives Ereignis, das die gesamte Wirtschaft betrifft.

Für ihre Forschungen wurden Markowitz und Sharpe im Jahr 1990 gemeinsam mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.

Quelle: Louis Bachelier – RiskNET

Das Portfolio wird bei einer passiven Anlagestrategie in einen risikobehafteten und in einen risikofreien Anteil aufgeteilt. Der risikobehaftete Portfolioanteil ist für die Rendite zuständig und besteht vorwiegend aus Aktien. Aber auch Rohstoffe und Immobilien können auf Wunsch noch mit aufgenommen werden. Da Immobilien aber einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand bedeuten und alles andere als ein passives Investment sind, kommen für einen passiven Investor ausschließlich Aktien von Immobiliengesellschaften in Frage.

Die Anlageklassen des risikobehafteten Portfolioanteils sind teils erheblichen Wertschwankungen ausgesetzt und es besteht die Möglichkeit, dass der ursprünglich investierte Geldbetrag an einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung steht. Bei einem langfristigen Anlagehorizont ist das aber erstmal nicht schlimm, denn die Rendite ist die Belohnung für das Eingehen von Risiken. Zu einem Problem wird das erst, wenn die eigene Risikotoleranz unterschätzt wurde und in immer mal wieder auftretenden Zeiten von stark fallenden Kursen, panikartig das Anlageportfolio aufgelöst wird.

Um das Portfolio nun an die persönliche Risikotoleranz anzupassen, wird ein sogenannter risikofreier Anteil hinzugefügt. Dieser Teil besteht ausschließlich aus schwankungsfreien, und damit sicheren Anlageformen, wie Tagesgeld, Festgeld oder kurz- bis mittelfristigen Staatsanleihen höchster Bonität in der Heimatwährung.

Abbildung 1: Aufteilung eines passiven Anlageportfolios

Wie sich das Portfolio durch das Hinzufügen eines risikofreien Anteils an die persönliche Risikotoleranz anpassen lässt, soll anhand des nachfolgenden Beispiels einmal dargestellt werden:

Anleger A ist sehr risikoaffin und möchte die maximale Rendite erzielen. Er wählt daher einen risikobehafteten Anteil von 100 Prozent für sein Portfolio und setzt ausschließlich auf die Anlageklasse Aktien.

Anleger B ist eher risikoavers und möchte die Schwankungen seines Portfolios reduzieren. Aus diesem Grund unterteilt er sein Portfolio zu je 50 Prozent in einen risikobehafteten und risikofreien Anteil. Für den risikobehafteten Anteil setzt Anleger B ebenfalls auf die Anlageklasse Aktien. Der risikofreie Anteil wird ganz einfach mit Tagesgeld abgedeckt.

Abbildung 2: Portfolio Anleger A
Abbildung 3: Portfolio Anleger B

Beide Anleger wählen für den risikobehafteten Anteil ihres Portfolios jeweils einen kostengünstigen ETF, welcher den weltweiten Aktienmarkt abbildet.

Nun folgt ein starker Einbruch des weltweiten Aktienmarktes und der Kurs des ETFs halbiert sich. Der Portfoliowert von Anleger A entwickelt sich aufgrund des fehlenden risikofreien Anteils eins zu eins mit dem weltweiten Aktienmarkt und halbiert sich dementsprechend auch. Dagegen sinkt der Portfoliowert von Anleger B dank des risikofreien Anteils nur um ein Viertel.

Über die Höhe des risikofreien Anteils kannst du also das Risiko an deine eigene Risikotoleranz anpassen. Je nach persönlicher Risikotoleranz und Lebenssituation, kann die Höhe des risikofreien Anteils beliebig gewählt werden.

Nicht das Gleichgewicht verlieren

Da sich die einzelnen Depotanteile im Laufe der Zeit immer unterschiedlich entwickeln, musst du deine zu Beginn gewählte Portfolioaufteilung in regelmäßigen Abständen wieder in den Ausgangszustand zurückversetzen.

In einem Jahr, in dem der Aktienmarkt z. B. stark ansteigt, erhöht sich der risikobehaftete Anteil deines Portfolios. Das hat zur Folge, dass sich auch das Risiko deines Portfolios erhöht und dann nicht mehr deiner Risikotoleranz entspricht.

Um deine ursprünglich gewählte Aufteilung wieder herzustellen, gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:

Erstens. Du verkaufst Anteile deiner ETFs im risikobehafteten Teil und schichtest das dadurch freigewordene Kapital in den risikolosen Teil um.

Zweitens. Du leitest eventuell vorhandene Sparraten in den risikolosen Teil, bis die ursprüngliche Aufteilung wieder hergestellt ist.

Dieses Vorgehen nennt sich Rebalancing und bedeutet vereinfacht gesagt, dass du das ursprüngliche Gleichgewicht in deinem Portfolio wiederherstellst. Das Ganze funktioniert natürlich auch im umgekehrten Fall, also wenn sich der risikofreie Anteil besser entwickelt, genauso. Es reicht aber völlig aus, das Rebalancing nur einmal im Jahr, bei geringen Abweichungen auch seltener, durchzuführen.

Wie du den für dich passenden risikofreien Anteil bestimmen kannst und welche Auswirkungen das auf deine langfristig erzielbare Rendite hat, kannst du im zweiten Teil dieser Artikelserie nachlesen.

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