Passiv investieren – Wie du den passenden ETF für dich findest

Dies ist der vierte Teil der Artikelserie zum passiven Investieren. Nachdem du im dritten Teil den grundsätzlichen Aufbau eines Weltportfolios kennengelernt hast, geht es nun um die konkrete Auswahl der passenden ETFs.

Im Rahmen dieser Artikelserie sind die folgenden Artikel erschienen:

Einfach und günstig investieren mit einem ETF

Ein ETF ist ein börsengehandelter Investmentfonds (englisch exchange traded fund). Beim passiven Investieren kommen ausschließlich passive ETFs zum Einsatz, die die Wertentwicklung eines Index eins zu eins abbilden.

Solche passiven ETFs sind die perfekte Möglichkeit einfach und kostengünstig in die gesamte Weltwirtschaft zu investieren. Sie sind sehr pflegeleicht und können genau wie Aktien an der Börse gekauft und wieder verkauft werden.

Der erste Vorläufer eines ETFs kam 1989 in den USA unter der Bezeichnung Index Participation Shares (IPS) auf den Markt und sollte den S&P 500 nachbilden. Dieser Pionier unter den Indexprodukten wurde aber bereits kurz darauf aufgrund einer Klage wieder vom Markt genommen.

Bereits ein Jahr später, im Jahr 1990, konnte der weltweit erste erfolgreichen Indexfonds an der Börse in Toronto (TSX) gehandelt werden. Der Toronto 35 Index Participation Units (TIPs) gilt als Prototyp für die heutigen ETFs. Der TIPs entwickelte sich Jahre später zum iShares S&P/TSX 60 Index ETF weiter.

Drei Jahre nachdem der TIPs in Kanada vorgestellt wurde, kam 1993 in den USA der Standard & Poor’s 500 Depositary Receipt (SPDR) auf den Markt. In den folgenden Jahren entwickelte sich der SPDR (ausgesprochen „Spider“) zum größten ETF der Welt. Der SPDR existiert heute noch unter dem Namen SPDR S&P 500 ETF Trust.

Quelle: The Canadian investment idea that busted a mutual-fund monopoly – The Globe and Mail

Im Gegensatz zu einem klassischen Investmentfonds gibt es bei einem passiven ETF keinen Fondsmanager, der versucht eine höhere Rendite zu erzielen als ein Vergleichsindex. Stattdessen sorgt der Anbieter eines ETFs dafür, dass der Fonds die Wertentwicklung eines Index so genau wie möglich abbildet. Dadurch entfallen aufwändige Analysen zur Auswahl einzelner Wertpapiere, weshalb die laufenden Kosten von ETFs sehr gering ausfallen.

Da passive ETFs provisionsfrei sind, haben die provisionsorientierten Berater der Banken in der Regel kein Interesse daran, dir einen ETF als Anlageprodukt vorzuschlagen. Das ist aber auch gar nicht schlimm, denn ETFs sind hervorragend dafür geeignet, den Vermögensaufbau in die eigene Hand zu nehmen.

Viele ETFs sind zudem sparplanfähig, so dass auch schon mit einem geringen monatlichen Betrag mit dem Vermögensaufbau begonnen werden kann. Einfach ein Depot eröffnen, den passenden ETF aussuchen, Sparplan anlegen, fertig!

Wie funktioniert ein passiver ETF?

Ein passiver ETF hat die Aufgabe, die Wertentwicklung eines Index möglichst genau nachzubilden. Diese Nachbildung kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen: physisch und synthetisch.

Der einfachste Fall ist ein physisch replizierender ETF. Bei dieser Art der Nachbildung kauft der ETF einfach alle Wertpapiere, die in dem nachzubildenden Index enthalten sind. Die Wertpapiere werden dabei genauso gewichtet, wie das im Index der Fall ist.

Physische ETFs sind sehr transparent, weil immer genau bekannt ist, welche Wertpapiere enthalten sind. Ein solcher ETF auf den deutschen Aktienindex (DAX) enthält z. B. immer die nach Marktkapitalisierung 40 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands.

Werden größere Indizes mit mehreren tausend Unternehmen, wie z. B. der MSCI ACWI IMI, nachgebildet, kann es allerdings sein, dass auch ein physischer ETF nicht alle Unternehmen aufnimmt, sondern nur eine optimierte Auswahl (englisch optimized sampling) davon. Unternehmen, die oft mit nur 0.1 Prozent einen sehr geringen Anteil am Index haben, werden ignoriert. Diese Unternehmen haben so gut wie keinen Einfluss auf den Kursverlauf des Index, daher sparen sich die ETF-Anbieter durch dieses Vorgehen die Transaktionskosten, was am Ende auch den ETF günstiger macht.

Die zweite Möglichkeit ist ein synthetisch replizierender ETF. Diese ETFs enthalten Wertpapiere, die nicht zu dem zugrundeliegenden Index gehören. So kann z. B. ein synthetischer ETF auf einen japanischen Aktienindex nur deutsche Aktien beinhalten.

Damit die Wertentwicklung bei einem synthetischen ETF dennoch der des Referenzindex entspricht, führt der ETF-Anbieter Tauschgeschäfte (englisch Swaps) mit einer Gegenpartei durch. Bei diesem Vorgang wird die Wertentwicklung der in dem ETF enthaltenen Wertpapiere gegen die Wertentwicklung des nachzubildenden Index getauscht.

Mit synthetischen ETFs können auch exotische Indizes aus schwer zugänglichen Märkten zuverlässig und günstig nachgebildet werden. Dadurch, dass im ETF tatsächlich andere Wertpapiere enthalten sind als der nachzubildende Index vermuten lässt, sind solche ETFs allerdings weniger transparent und oft erklärungsbedürftiger als physische ETFs.

Welche Risiken gibt es?

Sowohl bei physischen als auch bei synthetischen ETFs gibt es ein Kontrahentenrisiko, das durch gesetzliche Regelungen zwar eher theoretisch ist, aber trotzdem erwähnt werden sollte.

Als Kontrahentenrisiko wird die Gefahr bezeichnet, dass bei einem Finanzgeschäft der Handelspartner seinen vertraglichen Pflichten ganz oder teilweise nicht nachkommt.

Bei physischen ETFs ist die sogenannte Wertpapierleihe eine gängige Praxis. Dabei werden die Wertpapiere aus dem Fondsbestand z. B. an eine Investmentbank oder einen anderen Fonds verliehen. Im Gegenzug erhält der ETF-Anbieter eine Gebühr. Um sich für den Fall abzusichern, dass der Entleiher die Wertpapiere nicht zurückgeben kann, wird bei der Leihe eine Sicherheit hinterlegt.

Etwas riskanter, zumindest in der Theorie, sind synthetische ETFs. Bei solchen ETFs besteht das Risiko darin, dass der Tauschpartner – das ist in der Regel eine große internationale Bank – zahlungsunfähig wird. Um dieses Kontrahentenrisiko zu reduzieren, müssen die beiden Tauchpartner spätestens bei einem Renditeunterschied von 10 Prozent ihre Rendite tauschen. Dadurch kann selbst im Falle einer Pleite des Tauschpartners maximal 10 Prozent Rendite verloren gehen. In der Praxis erfolgt der Tausch aber meistens schon deutlich früher.

Was passiert mit den Dividenden?

Unternehmen können Teile ihres Gewinns als Dividende an die Aktionäre ausschütten. Ein ETF kann auf zwei Arten damit umgehen: Er kann die Dividenden ausschütten oder wiederanlegen (thesaurieren).

Ein ausschüttender ETF sammelt alle anfallenden Dividenden aus einem bestimmten Zeitraum und zahlt dir den Betrag monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder nur einmal im Jahr auf dein Konto aus. Bei einem deutschen Broker werden die Steuern automatisch abgezogen, so dass du in diesem Fall über den ausgezahlten Betrag frei verfügen kannst.

Im Gegensatz dazu werden bei einem thesaurierenden ETF die Dividenden nicht auf dein Konto überwiesen, sondern direkt wieder in den ETF investiert. Dadurch steigt der Wert des ETFs und damit auch der Wert deiner ETF-Anteile.

Ausschüttende ETFs sind demzufolge gut geeignet, wenn du die Erträge aus Dividenden als passives Einkommen ausgezahlt bekommen möchtest. Wer seinen Gewinn maximieren möchte, fährt mit einem thesaurierenden ETF meist besser, da die Erträge sofort wieder angelegt werden.

Je nach Ertragsverwendung kann es auch zu steuerlichen Vor- und Nachteilen kommen. Allerdings sind besonders über einen längeren Anlagezeitraum exakte Prognosen schwierig, da sich die Regeln zur Besteuerung hin und wieder ändern. In der Praxis werden die steuerlichen Unterschiede zwischen beiden Varianten in den meisten Fällen sowieso gering sein, so dass mögliche Steuervorteile bei der ETF-Auswahl nicht das wesentliche Kriterium sein sollten.

So wählst du den passenden ETF für dich aus

Im Grunde sind drei Schritte notwendig, um den passenden ETF für dein Portfolio auszuwählen. Im folgenden Beispiel soll ein ETF für das 1-ETF Weltportfolio gesucht werden:

Schritt 1: Anlageklasse bestimmen

Zunächst muss die Anlageklasse bestimmt werden. Als Anlageklasse für das 1-ETF-Weltportfolio kommen ausschließlich Aktien in Frage.

Schritt 2: Index auswählen

Das 1-ETF-Weltportfolio besteht nur aus einem einzigen Index. Dieser soll den weltweiten Aktienmarkt zum größten Teil abdecken. Indizes, die dieses Kriterium erfüllen sind z. B. der FTSE All World oder der MSCI ACWI.

Schritt 3: ETF auswählen

Im letzten Schritt wird dann der passende ETF ausgewählt. Eine gute Anlaufstelle, um einen Überblick über alle in Deutschland zugelassenen ETFs zu erhalten, ist z. B. die ETF-Suche von justETF. Dort kannst du jetzt nach allen ETFs filtern, die den weltweiten Aktienmarkt abdecken.

Abbildung 1: Ergebnis der ETF-Suche bei justETF (Stand: Oktober 2024)

Ein ETF-Anbieter, der einen ETF auf den FTSE All World im Programm hat, ist Vanguard. Den ETF gibt es sogar einmal als ausschüttenden Variante und einmal als thesaurierende Variante. Alternativ dazu gibt es vom ETF-Anbieter ishares einen ETF, der den MSCI ACWI nachbildet.

Die gezeigten ETFs können nun nach verschiedenen Kriterien verglichen werden:

  • Fondsgröße: Ein ETF sollte mindestens ein Fondsvolumen von 100 Millionen Euro aufweisen. Ist ein Fonds zu klein, besteht die Gefahr, dass er sich für den ETF-Anbieter nicht lohnt und wieder geschlossen wird.
  • TER: Die Total Expense Ratio (TER) gibt die laufenden Kosten eines ETFs an. Der ETF-Anbieter entnimmt die laufenden Kosten direkt aus dem Fondsvermögen. Du zahlst die TER als indirekt über eine schlechtere Wertentwicklung des ETFs. Bei ETFs liegt die TER meist irgendwo zwischen 0.1 und 0.5 Prozent, wobei letztere für einen ETF eher teuer ist.
  • Auflagedatum: Existiert ein ETF schon viele Jahre und hat dieser gleichzeitig noch ein hohes Fondsvolumen, kann das auf eine gute Etablierung am Markt hindeuten. Um einschätzen zu können, wie gut ein ETF seinen Vergleichsindex nachbildet, sollte ein ETF seit mindestens 5 Jahren existieren.
  • Ertragsverwendung: Ein ETF kann die Dividenden entweder ausschütten oder direkt wieder angelegen (thesaurieren). Welche Variante bevorzugt wird, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Auf lange Sicht können die steuerlichen Unterschiede vernachlässigt werden.
  • Replikationsmethode: Wenn es um die Art Nachbildung des Vergleichsindex geht, kann zwischen physischer und synthetischer Replikation unterscheiden werden. Beide Methoden sind „sicher“ und können mit gutem Gewissen gewählt werden. Wer aber genau wissen will, was in einem ETF enthalten ist, sollte eher zu einem physischen ETF greifen.

Grundsätzlich eignen sich also alle drei der hier gezeigten ETFs für das 1-ETF-Weltportfolio. Letztlich ist es der persönliche Geschmack, der am Ende den Ausschlag geben muss.

Wer die Dividenden ausgezahlt bekommen möchte, wird zu der ausschüttenden Variante des FTSE All World von Vanguard greifen müssen. Ansonsten kann auch einfach der ETF mit der niedrigsten TER genommen werden. Das wäre dann der MSCI ACWI von ishares.

Keinen Unterschied gibt es bei der Replikationsmethode. Bei allen drei ETFs handelt es sich um physische ETFs.

Sobald du dich für einen ETF entschieden hast, kannst du die internationale Wertpapierkennnummer (ISIN) bei deinem Broker in die Suche eingeben und Anteile des ETFs kaufen.

Was bei der ETF-Auswahl weniger wichtig ist

Die Kriterien, nach denen ETFs ausgewählt werden können, lassen sich noch weiter fortsetzen. Allerdings sind die oben genannten Kriterien zur ETF-Auswahl völlig ausreichend. Was bei der Auswahl des richtigen ETFs z. B. mit gutem Gewissen vernachlässigt werden kann, sind die Fondswährung und das Fondsdomizil.

Im Namen eines ETFs erscheint oft die Währung, in der das Fondsvermögen verwaltet wird. Diese Fondswährung orientiert sich meist an der Währung des nachzubildenden Index. Ein ETF, der den amerikanischen S&P 500 abbildet, hat als Fondswährung normalerweise den US-Dollar. Abgerechnet wird aber immer automatisch in der Währung deines Brokers.

Ein Währungsrisiko ergibt sich nicht aus der Fondswährung, sondern aus den im Index enthaltenen Werten. Enthält einer deiner ETFs nur amerikanische Werte, machst du dich beispielsweise von den Kurschwankungen des US-Dollars abhängig. Bei einem langen Anlagehorizont und einer ausreichenden Diversifikation ist ein solches Währungsrisiko aber nicht besonders problematisch.

Das Fondsdomizil lässt sich ganz einfach an der ISIN ablesen. Diese beginnt immer mit dem Länderkürzel. „IE, steht dabei für Irland, „LU“ für Luxemburg und „DE“ für Deutschland. Die meisten in Deutschland zugelassenen ETFs sind in Irland oder Luxemburg beheimatet.

Im Falle von Irland liegt das an bestimmten steuerlichen Vorteilen aufgrund eines Steuerabkommens mit den USA. Und Luxemburg ist, aufgrund einer transparenten und sicheren Finanzinfrastruktur, schon lange ein etablierte Finanzstandort mit guten Bedingungen für Fondsanbieter.

Für dich ist nur wichtig, dass ein ETF auch in dem Land zugelassen ist, in dem du deinen Wohnsitz hast. In der Regel musst du dir darüber allerdings keine Gedanken machen, da nicht zugelassene ETFs bei den jeweiligen Brokern gar nicht erst gekauft werden können.

Alle ETFs, die nach EU-Standards reguliert sind, tragen in ihrem Namen das Kürzel „UCITS“. Ausgeschrieben steht „UCITS“ für „Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities“. Bei dieser etwas sperrigen Bezeichnung handelt es sich um eine EU-Richtlinie, mit der Investmentfonds zum Schutz der Anleger reguliert werden. Im Zweifel kannst du also einfach nach diesem Kürzel im ETF-Namen Ausschau halten.

Im fünften und letzten Teil dieser Artikelserie geht es nun darum, wie du am Ende deines Vermögensaufbaus wieder Geld aus deinem Portfolio herausholen kannst. Außerdem erfährst du, wie hoch dein Portfoliowert und die regelmäßigen Entnahmen sein sollten, ohne jemals pleite zu gehen.

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