Passiv investieren – So baust du dir ganz einfach dein Weltportfolio

Dies ist der dritte Teil der Artikelserie zum passiven Investieren. Nach den Grundlagen im ersten Teil und dem Zusammenhang von Rendite und Risiko im zweiten Teil, geht es im dritten Teil um den Aufbau des Weltportfolios.

Im Rahmen dieser Artikelserie sind die folgenden Artikel erschienen:

Was ist das Weltportfolio?

Das Weltportfolio bildet den risikobehafteten Teil deines Anlageportfolios ab. Die grundsätzliche Idee des Weltportfolios besteht vereinfacht gesagt darin, langfristig und prognosefrei in die gesamte Weltwirtschaft zu investieren.

Den Schwerpunkt des Weltportfolios bilden Aktien, da hier die höchsten Renditen zu erwarten sind. Dabei wird über kostengünstige börsengehandelte passive Investmentfondsfonds (ETFs) in den weltweiten Aktienmarkt investiert. Durch die gleichzeitige Investition in fast alle börsengehandelten Unternehmen dieser Welt vermeidest du, dass es in deinem Portfolio zu einem Regionen-, Branchen- oder individuellem Unternehmensrisiko kommt.

Immobilien sind im Weltportfolio in Form von Immobilienaktien enthalten. Eine direkte Investition in eine oder mehrere Immobilien würde dem Konzept des passiven Investierens widersprechen, da eine solche Investition stets eine aktive Betreuung benötigt. Zudem würde durch die Konzentration auf nur wenige Immobilien, ähnlich wie bei Aktien, ein hohes Risiko entstehen.

Zusätzlich kann das Weltportfolio noch um einen geringen Anteil an Rohstoffen ergänzt werden. Durch die niedrige Korrelation von Rohstoffen zu Aktien entwickeln sich die Preise dieser beiden Anlageklassen in verschiedenen Marktphasen unabhängig voneinander. Allerdings sind die Rohstoffrenditen zu gering, um einen nennenswert stabilisierenden Effekt auf das Portfolio zu haben.

Die Korrelation ist ein statistisches Maß und gibt an, wie sich die Kurse zweier Wertpapiere im Verhältnis zueinander bewegen. Sie kann Werte zwischen +1 und +1 annehmen. Bei einer Korrelation von +1 bewegen sich die Kurse zweier Wertpapiere zeitgleich immer exakt in dieselbe Richtung. Eine Korrelation von -1 bedeutet, dass sich die Kurse zweier Wertpapiere immer exakt in die gegensätzliche Richtung bewegen.

Je geringer die Korrelation, desto größer ist der Diversifikationseffekt. Durch das Hinzufügen von schwach oder negativ korrelierenden Wertpapieren zu einem Portfolio kann das Risiko bzw. die Volatilität eines Portfolios reduziert werden.

Abbildung 1: Anlageklassen eines Weltportfolios

Die „Welt AG“ im Detail

Das Ziel beim passiven Investieren ist es, möglichst in alle börsennotierten Unternehmen weltweit zu investieren. Diese „Welt AG“ kann nach klar definierten Kriterien in unterschiedliche Aktienindizes unterteilt werden. Durch verschiedene Kombinationen dieser einzelnen Aktienindizes kannst du dir sehr einfach dein individuelles Weltportfolio zusammenstellen.

Staaten lassen sich abhängig von ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und ihrem Marktrisiko grundsätzlich in entwickelte Märkte (englisch developed marktes), Schwellenmärkte (englisch emerging marktes) und Grenzmärkte (englisch frontier marktes) einteilen. Je nach Definition können sich die Kriterien zur Einteilung dabei geringfügig unterscheiden.

Zu den entwickelten Märkten zählen klassische Industriestaaten wie die USA oder Deutschland. Für den überwiegenden Teil der Wirtschaftsleistung sind Industrie- und Technologieunternehmen verantwortlich. Das wirtschaftliche Wachstum ist bei Industriestaaten eher begrenzt und die politischen Risiken überschaubar.

Das Gegenteil von einem Industriestaat ist der Agrarstaat, wo die Gesamtwirtschaftsleistung stark von der Landwirtschaft dominiert wird.

Als Schwellenmarkt gelten Staaten, die eine Wandlung vom Agrar- zum Industriestaat vollziehen und nun an der Schwelle zum Industriestaat stehen. Diese Schwellenländer verfügen über ein hohes wirtschaftliches Potenzial und zeichnen sich durch ein hohes Wirtschaftswachstum aus.

Eine Investition in einen Schwellenmarkt ist allerdings auch mit höheren Risiken verbunden. Dazu gehören vor allem politische Risiken. Viele Schwellenländer sind z. B. keine demokratisch regierten Länder. Es können jederzeit staatliche Regulierungen gegen ein Unternehmen eingeführt oder so verschärft werden, dass sich dies sofort in Kursverlusten am Aktienmarkt bemerkbar macht. Neben den politischen Risiken gibt es je nach Land aber auch noch weitere Risiken, wie z. B. die Instabilität der Währung oder Korruption.

Ein Beispiel für ein Schwellenland ist China. Zwar ist China eine bedeutende und einflussreiche Wirtschaftsmacht, wird aber aufgrund von vielen armen und wenig entwickelten Regionen noch nicht als vollständiges Industrieland gewertet.

Die Einstufung als Schwellenland hat für ein Land den Vorteil, dass es für den Ausbau der Wirtschaft finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhält. Zudem werden Schwellenländern gewisse Freiheiten, wie z. B. längere Fristen bei der Umsetzung von Klimazielen, zugestanden.

Zu den Grenzmärkten zählen wenig entwickelte, aber aufstrebende Staaten, die unterhalb der Schwellenländer eingeordnet sind. Diese Staaten befinden sich auf der Vorstufe zum Schwellenland und sind vor allem in Afrika, Osteuropa und Teilen Asiens zu finden. Sie bieten höhere Renditechancen als Schwellenländer, aber auch erhöhte Risiken. Denn Rendite kommt von Risiko.

Je nach Aktienindex unterscheiden sich die Kriterien zur Einteilung der Märkte geringfügig. Beim Indexanbieter MSCI gibt es z. B. als vierte Klassifizierung noch die Standalone Markets. Dazu zählen Staaten, die keine der Kriterien der anderen Märkte erfüllen.

Abbildung 2: Einteilung der Märkte

Innerhalb der einzelnen Märkte werden Aktien in Standardwerte und Nebenwerte eingeteilt. Standardwerte sind die Aktien von großen Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung (Large Caps oder Blue Chips). Aktien von Unternehmen mit einer mittleren (Mid Caps) und niedrigen Marktkapitalisierung (Small Caps) zählen zu den Nebenwerten.

Nebenwerte verfügen über höhere Renditechance als Standardwerte, sind allerdings auch riskanter. Denn auch hier gilt wieder: Rendite kommt von Risiko.

Abbildung 3: Einteilung der globalen Aktienindizes in Märkte und Unternehmensgrößen

Die in den einzelnen Indizes enthalten Unternehmen können wiederum in Sektoren eingeteilt werden. Bewährt hat sich dabei der Global Industry Classification Standard (GICS) der beiden Indexanbieter MSCI und S&P Global.

Der GICS besteht aus insgesamt 11 Sektoren mit jeweils mehreren Unterkategorien. Jedes börsennotierte Unternehmen lässt sich demnach einem der folgenden Sektoren zuordnen:

  • Energie: Gewinnung fossiler Energieträger, wie z. B. Erdöl und Gas.
  • Roh- und Grundstoffe: Herstellung von Roh- und Grundstoffen, wie z. B. Baustoffe und Chemikalien.
  • Industrie: Herstellung von Investitionsgütern mit den dazugehörigen Dienstleistungen und Transport, wie z. B. Baumaterialien, Maschinen und Schienenverkehr.
  • Nicht-Basiskonsumgüter: Herstellung und Verkauf von zyklischen und nicht lebensnotwendigen Produkten, wie z. B. Autos, Textilien und Luxusartikel.
  • Basiskonsumgüter: Herstellung und Verkauf von lebensnotwendigen Produkten, wie z. B. Lebensmittel oder Haushalts- und Pflegeprodukte.
  • Gesundheit: Gesundheitswesen, Pharma und Biotechnologie.
  • Finanzen: Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungen.
  • Technologie: Software, Hardware und Halbleiter.
  • Kommunikation: Kommunikationsdienste, Medien und Unterhaltung.
  • Versorger: Energieversorger, z. B. für Strom, Gas und Wasser.
  • Immobilien: Immobiliengesellschaften, Immobilienentwicklung und Gebäudemanagement.

Das Weltportfolio diversifiziert also im Idealfall über möglichst alle Märkte, Regionen/Länder, Unternehmensgrößen und Sektoren. Daher ist es egal, welche Branche oder Region in der nächsten Krise besonders hart getroffen wird, denn es betrifft dann immer nur einen Teil des Portfolios.

Abbildung 4: Ebenen der Diversifikation

Marktkapitalisierung oder BIP?

Bei der Zusammenstellung eines Weltportfolios stellt sich früher oder später immer die Frage nach der Gewichtung der einzelnen Aktien und Regionen. In der Praxis haben sich hierfür grundsätzlich zwei Methoden bewährt: Eine Gewichtung nach Marktkapitalisierung oder nach Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Bei der Gewichtung nach Marktkapitalisierung werden die einzelnen Unternehmen nach ihrem Börsenwert, also dem Gesamtwert aller im Umlauf befindlichen Aktien, gewichtet. Die ist bei fast allen bekannten Aktienindizes der Fall.

Die Gewichtung nach Marktkapitalisierung hat allerdings zur Folge, dass ein paar wenige Unternehmen, nämlich die mit einem sehr großen Börsenwert, maßgeblich für die Wertentwicklung eines Index verantwortlich sind.

Wenn man den Gesamtwert aller börsennotierten Unternehmen eines Landes betrachtet, sind die USA der absolute Spitzenreiter. In einem nach Marktkapitalisierung gewichteten Weltportfolio werden demnach US-amerikanische Aktien den mit Abstand größten Anteil einnehmen.

Wer bestimmte Länder oder Regionen nach deren tatsächlichen Wirtschaftskraft gewichten möchte, kann dafür das BIP nutzen. Das BIP gibt den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen an, die während eines Jahres innerhalb eines Landes geschaffen wurden.

Mit dem BIP lässt ich die Wirtschaftskraft eines Landes messen. Dadurch liegt es nahe, einzelne Länder oder Regionen in einem Weltportfolio nach dem BIP zu gewichten. Bei einer Gewichtung nach dem BIP nehmen in einem Weltportfolio Schwellenländer einen viel größeren Anteil ein, während der Anteil der USA etwas geringer ausfallen würde.

Beide Methoden haben ihre Berechtigung. Der Unterschied ist, dass das BIP eine Kennzahl für einzelne Länder und nicht für Unternehmen ist. Wer aber an das große Wachstumspotenzial der Unternehmen in den Schwellenländern glaubt, sollte die einzelnen Regionen eher nach BIP gewichten. Wie das genau geht, erfährst du weiter unten.

Und was ist mit Rohstoffen?

Aufgrund des schlechten Risiko/Rendite-Verhältnisses ist von einer Investition in Rohstoffe eher abzuraten. Zwar sind im Aktienanteil des Portfolios auch Unternehmen aus der Rohstoffbranche enthalten, aber deren Aktienkurse entwickeln sich nicht zwangsläufig mit den Rohstoffpreisen.

Wenn du trotzdem in Rohstoffe investieren möchtest, dann kannst du dies nur indirekt über sogenannte Rohstoff-Futures tun. Dabei wird nicht direkt in die Rohstoffe, sondern nur in die Preisentwicklung der entsprechenden Rohstoff-Futures investiert. Eine Direktinvestition in Rohstoffe scheidet allein aus praktikablen Gründen aus. Wer will schon mehrere Ölfässer in seinem Keller lagern?

Ein Future selbst ist nichts anderes als ein einfaches Termingeschäft, so wie du es bestimmt selber schon das eine oder andere Mal abgeschlossen hast. Bei dieser Art des Geschäftes liegt das Datum des Kaufvertragsabschlusses und das Datum für Lieferung und Bezahlung der Ware zeitlich auseinander.

Für ein passives Portfolio kommen nur sogenannten Rohstoffe-Future-ETFs in Frage. Ein solcher ETF bildet einen Rohstoff-Future-Index, wie z. B. den GSCI Total Return-Index, ab. Damit kann man sehr einfach und kostengünstig an der Preisentwicklung von mehreren Rohstoff-Futures, wie z. B. an denen von Öl, Gas, Getreide, Edelmetallen, aber auch von Rindern oder Schweinen, teilhaben.

Der Anteil eines Rohstoff-Future-ETFs sollte aufgrund der Nachteile und des geringen Nutzens allerdings 10 Prozent am gesamten Portfolio nicht übersteigen.

Aufbau des Weltportfolios – 3 einfache Beispiele

Mit welchen Indizes du auf sehr einfache Art und Weise dein Weltportfolio gestalten kannst, zeigen die nachfolgenden Beispiele. Für alle der hier genannten Indizes gibt es kostengünstige ETFs, welche die Wertentwicklung des zugrunde gelegten Index nachbilden.

Um es möglichst einfach zu halten, wird bei den folgenden Beispielen auf Grenzmärkte verzichtet. Aufgrund des geringen Anteils an der Weltwirtschaft, wäre der Anteil der Grenzmärkte in einem Weltportfolio ohnehin sehr klein.

1-ETF Lösung – Gewichtung 100 Prozent nach Marktkapitalisierung

Die ganze Welt in einem Index. Diese Form des Weltportfolios besteht aus nur einem einzigen ETF. Als zugrunde gelegter Index kommt hier entweder der MSCI All Country World Index (ACWI) oder der FTSE All World in Frage. Einfacher geht es nicht.

Mit beiden Indizes investierst du in mehrere tausend große und mittelgroße Unternehmen (Large Caps und Mid Caps) aus den entwickelten Märkten und den Schwellenmärkten. Wer auch noch kleine Unternehmen (Small Caps) aus beiden Märkten mit dabeihaben möchte, kann in den MSCI All Country World Investable Market Index (ACWI IMI) investieren.

Die Gewichtung erfolgt in beiden Indizes nach Marktkapitalisierung. Dadurch nehmen die USA einen großen Anteil am Portfolio ein, während die Schwellenländer eher gering gewichtet sind.

Abbildung 5: 1-ETF-Weltportfolio

2-ETF Lösung – Der Klassiker mit einer stärkeren Gewichtung der Schwellenländer

Wer die Schwellenländer näher an ihrem tatsächlichen Anteil an der Weltwirtschaft gewichten will, kann das sehr einfach mit zwei ETFs tun. Dazu kannst du einmal den MSCI World zu 70 Prozent und den MSCI Emerging Markets zu 30 Prozent gewichten.

Der MSCI World bündelt die großen und mittelgroßen Unternehmen aus den entwickelten Märkten und der MSCI Emerging Markets die großen und mittelgroßen Unternehmen aus den Schwellenländern.

Kombiniert ergeben diese beiden Indizes den bereits erwähnten MSCI All Country World Index (ACWI), Die 2-ETF-Lösung bietet allerdings den Vorteil, dass die entwickelten Märkte und die Schwellenländer beliebig gewichtet werden können.

Abbildung 6: 2-ETF-Weltportfolio

3-ETF Lösung – Weniger USA und mehr Fokus auf Europa

Aufgrund der Gewichtung nach Marktkapitalisierung in den klassischen Welt-Indizes, sind die USA in den beiden zuvor genannten Beispielen im Vergleich zu ihrem tatsächlichen Anteil an der Weltwirtschaft übergewichtet.

Wenn du die Übergewichtung der USA etwas abbauen möchtest, kannst du zusätzlich noch einen ETF auf einen europäischen Aktienindex wie den MSCI Europe oder den noch etwas breiter aufgestellten STOXX Europe 600 in dein Portfolio einbauen.

Abbildung 7: 3-ETF-Weltportfolio

So lassen sich ETFs, je nach persönlichem Geschmack, auf verschiedene Art und Weise ganz einfach sinnvoll kombinieren. Da sich die Aktienmärkte der einzelnen Weltregionen aber für gewöhnlich unterschiedlich entwickeln, ist bei der Verwendung von mehreren ETFs ein regelmäßiges Rebalancing nötig.

Auf was du bei der Auswahl eines ETFs achten musst und welche Unterschiede es zwischen den verschiedenen ETFs gibt, erfährst du im vierten Teil dieser Artikelserie.

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